Duo Rinascimento
CD-Neuerscheinung

Inhalt

 

   


Historische Orgeln aus dem Tessin________________________________

Die Tessiner Orgeln finden im Vergleich zu den Orgeln der deutschen und französischen Schweiz eine stiefmütterliche Beachtung. Dabei leisten gerade sie einen wesentlichen Beitrag zum kulturellen Reichtum der Orgellandschaft Schweiz. Hervorragende historische Instrumente in italienischer Bauweise finden sich in zahlreichen Tessiner Kirchen (z.B. in Bellinzona, Monte Carasso, Brissago, Morcote, Mendrisio u.a.). Zwei der ältesten und authentischsten Tessiner Orgeln wurden hiermit erstmals auf CD eingespielt:

 

 

      Orgel in der Kollegiatskirche von Bellinzona
Der Charme des lombardisch anmutenden Altstadtkerns der Tessiner Hauptstadt offenbart sich besonders auf der Piazza Collegiata, die von der imposanten Renaissancefassade der Kollegiatskirche SS.Pietro e Stefano geprägt wird. Im grossen, einschiffigen Innenraum, der reiche barocke Stukkaturen und Malereien enthält, darunter ein bedeutendes Kreuzigungsgemälde von 1658 (Tintoretto?), ist die Orgel auf einer Empore über dem Haupteingang aufgebaut. Dieses für die Schweiz einmalige Instrument wurde 1997/98 durch die italienische Orgelbaufirma Mascioni restauriert. Dadurch wurde der Zustand der Orgel, wie er nach den Erweiterungen von Paolo Chiesa (1791-1793) und Carlo Bossi (1810-1816) war, wiederhergestellt. Die "Grande Organo", gespielt auf dem 2. Manual, ist in einem schmucken Gehäuse in der Form einer Doppelharfe untergebracht, das aus dem 18. Jahrhundert stammt. Für die "Organo Eco" von Carlo Bossi (1. Manual) ist auf der linken Seite ein niedriger Anbau (mit Schwellkasten) hinzugefügt worden. Aus der Disposition ist der grosse Pfeifenbestand der ursprünglichen Orgel von Graziadio Antegnati aus dem Jahr 1588 erkennbar. Wenn man bedenkt, welche Bedeutung die Orgelbauerfamilie Antegnati aus Brescia im italienischen Orgelbau hatte, lässt sich der erstrangige Wert der Orgel Bellinzonas mit ihrem italienisch - transparenten Klang ermessen.
 


 





Orgel in der Klosterkirche S.Giovanni in Mendrisio
In ihrem Altstadtkern konnte die Bezirkshauptstadt Mendrisio im südlichsten Zipfel der Schweiz den Charakter einer lombardischen Kleinstadt weitgehend bewahren. Zuoberst gruppiert sich um einen Kreuzgang mit toskanischen Arkaden die ehemalige Klosteranlage der Humiliaten (ab1268) und der Serviten (ab 1477), die für die Armen sorgten. Im Konventsgebäude ist heute das Museo d'Arte untergebracht. Die Klosterkirche S.Giovanni Battista besticht durch ihre homogene spätbarocke Ausgestaltung. In den reich ausgestatteten Innenraum fügt sich die Orgel mit ihrem beachtenswerten, mit Schnitzereien, Musikinstrumenten, einem Lamm und zwei musizierenden Putten geschmückten Prospekt (1730-40) harmonisch ein. Urkundlich wird die Orgel, die schon zur Kirche des 16. Jahrhunderts gehörte, erstmals1641 erwähnt. 1729 hat sie Giovanni Battista Rajna im Chor neu aufgebaut und die Register "Cornetta" und "Contrabassi" hinzugefügt. 1810 hat Carlo Bossi die Orgel - wie andernorts auch - dem Zeitgeschmack entsprechend neu gebaut, zum Glück mit dem alten Prospekt und unter Verwendung eines grossen Pfeifenbestandes der Rajna-Orgel. Nach weiteren Eingriffen (1933) durch Giorgio Maroni, verhalf neulich eine Restauration durch Vincenzo Mascioni dem alten Instrument zu neuem Glanz, mit einer charaktervollen, kernigen, gesanglichen Tongebung.
Text: Matthias Richner